30. Juni 2025

Humor & Satire Butschkow

Schneidig

Männer lieben es gerne scharf, was sie hassen, sind stumpfe Messer. Jedes Mal, wenn ich in Ferienwohnungen in bester Urlaubslaune die Küchenschubladen herausziehe, deprimieren mich Teile, die den ehrenwerten Titel „Messer“ verhöhnen. Ferienwohnungen sind beliebte Entsorgungsplätze für die ausgedienten Haushaltsgeräte aus den privaten Wohnungen ihrer Besitzer. Meine Ausstattung an Messern schärfe ich persönlich mit einem handelsüblichen Wetzstahl, der in jedem traditionellen Messerklotz zu finden ist. Echte Männer wenden sich bei dieser profanen Technik mit Grausen ab. Messerschärfen ist für sie eine Wissenschaft, die höchste Zuwendung und filigrane Handhabung verlangt. Dafür benötigt man einen leicht gewässerten Schleifstein aus speziellem Fels, einen exakten Anlagewinkel der Klinge von 14,5 Grad und eine feine Technik, in der man mit einem konstanten Drehmoment von 0,001 Newtonmetern in weichen, kreisenden Bewegungen – eine Klingenseite gegen den Uhrzeigersinn, die andere mit – der Schnittkante geduldig den gewünschten Schliff verleiht. Ganz perfektionistische Männer murmeln währenddessen noch Beschwörungsformeln der Samurais und richten sich dabei zum Sternzeichen des Krebses aus. Zerteilt die Klinge anschließend ein schlaff hängendes Blatt Papier wie ein Laserstrahl in zwei Teile, ist das Ergebnis wunschgemäß. Möglicherweise ist dieser männliche Ritus des Schleifens von Stahl ein Relikt aus den Zeiten der Schwerter und Degen, als von deren Schärfe noch Leben und Tod abhingen. Oder einfach nur eine Macke.

Butschkow
Peter Butschkow (Berlin, 1944)
zeichnet seit über 30 Jahren Bücher und Kalender sowie (un-)regelmäßig Cartoons für große Magazine und Zeitschriften. Mit der Zeit bereicherte er seine Bücher auch mit Texten. 2011 gewann er den Publikumspreis beim Cartoon-Festival in Prerow, 2016 erhielt er den Deutschen Karikaturenpreis. Er lebte von 1999 bis 2011 auf La Palma.

Stories

Völlig krank
Zum Totlachen
Kurzes Glück
Voll dabei
Voll daneben
Schamstoff