Es ist kaum auszuhalten, aber ich schäme mich ständig. Bei jeder Tomate sehe ich die geknechteten Plantagenarbeiter, bei jeder Avocado den langen Transport, bei jeder Wurst die gefolterten Schweine, bei jeder Möhre den vergifteten Boden, bei jedem Ei die gemarterten Hühner, bei jeder Milch die überzüchteten Kühe, bei jedem Brötchen das genmanipulierte Korn, bei jeder Garnele die Antibiotika, bei jedem Honig die kranken Bienen, bei jedem Kaffee die gespritzte Bohne, bei jeder Schokolade den Zucker und beim Joghurt das Plastik vor mir. Bei meinem Auto schäme ich mich für den Schadstoffausstoß, beim Eisberg für den Klimawandel, beim Holzbrettchen für die kaputten Wälder, in meiner Wohnung für die alte Heizung, unter der Dusche für meinen Wasserverbrauch. Im Zoo schäme ich mich für die gefangenen Tiere, auf unseren Straßen für die Löcher, in der Kirche für den Missbrauch, beim Unfall für die Gaffer, bei den Wohnungen für die Wuchermieten und im Restaurant für die Preise. Ich schäme mich für die Promis im Dschungelcamp, für den Hass im Internet, für die Phrasen der Politiker, für die Giraffenwimpern der Influencerinnen, für das Doping der Sportler, für die Ablösesummen der Fußballer, für die Boni der Banker, für die Geldgier im Gesundheitssystem, für die armen Rentner und die Ausbeutung der Bodenschätze. Und ich schäme mich natürlich für diesen Text.