Was denken denn Sie jetzt, worüber ich heute mit Ihnen sprechen möchte? Richtig, über das Einkaufen. Bleibt ja oft an uns Frauen hängen, oder? Männer brauchen meist genaueste Instruktionen, wenn sie mal den Einkauf übernehmen, und wenn Sie Pech haben, hat der Einkaufszettel nicht im Entferntesten mit dem zu tun, was der Mann nach Hause schleppt. Aber das macht ja nichts, öffnet neue Horizonte. Dann erfährt er endlich mal, wie teuer alles geworden ist. Der Preis für Filtertüten um 107 % gestiegen (Gott sei Dank sind wir schon lange auf grünen Tee umgestiegen), Ketchup um 88,6 % (auch nicht schlimm, junk-food ist sowieso nicht unser Geschmack und kleine Kinder, die nach Nudeln mit Ketchup quengeln, haben wir auch nicht mehr), aber viele andere Alltäglichkeiten sind preislich eben auch nicht mehr das, was sie mal waren. Meine Mutter nahm vor 40 Jahren in ihrem Lebensmittelladen wenigstens noch Eier in Zahlung und hatte ein dickes Anschreibebuch, aber das gibt‘s wohl nicht mehr. Aber es gibt sie noch, die kleinen Tante-Emma-Läden. Man muss sie nur entdecken.
Hier wird man noch bedient mit persönlicher Ansprache, hier kramt der Chef noch selbst und tippt die Preise in die Kasse, hier schauen Sie nicht in übermüdete Kassiererinnenaugen, die die Zeit zwischen Schule und Schwangerschaft mit schlecht bezahlter Kassiererinnentätigkeit abarbeiten müssen. Hier ist noch richtig was los in unserem Laden. Hier kennt man sich noch, hier tobt das Leben und niemand schiebt anonym irgendwelche Mammut-Einkaufswagen durch die Gegend (das würde auch sofort zum Totalstau führen). Die Preise sind moderat, die Gemüseauswahl grandios und aus der Region und die Brötchen sogar sonntagmorgens frisch aus dem Ofen. Was wollen Sie denn noch mehr? Im früheren Leben haben wir uns doch für Produkte der Region und Saison stark gemacht, also auf jetzt, hier können wir die alten Ideale leben. Allerdings musste meine arme Mutter auch oft nachts die eine oder andere Flasche Schnaps durch‘s Schlafzimmerfenster hinausreichen. Sie kannte ihre Pappenheimer, und hatte deshalb immer eine Batterie verschiedenster Spirituosen am Bett stehen, was durchaus zu Missverständnissen führen konnte, wenn Besuchern das Haus gezeigt wurde.
Ich habe als Kind viel Zeit im Laden verbracht, Zucker und Kluntjes abgewogen und Kekse aus großen Glasdosen in 100 Gramm-Tütchen gepackt. Zigaretten gab‘s einzeln, Senf in mitgebrachten Gläsern lose, und Brotsorten eben nur zwei verschiedene. Aber das reichte doch auch aus, Fülle verwirrt nur und führt zu Frust. Mein Onkel fuhr noch quer über die Dörfer mit vollgepacktem Lebensmittelauto, das gibt es hier auch noch, Fisch- und Brotautos sowieso. Sogar ein Textilwaren-Auto traf ich neulich und mischte mich flugs unter die schnatternde Weiberschar, die das Sortiment bewunderte. Das hat doch was, da kommt die Ware zur Kundin statt umgekehrt. Und spätestens, wenn Sie mal ihren Geldbeutel vergessen haben, und der kleine Krämer Sie beruhigt, dass das Bezahlen auch bis morgen warten kann, lernen Sie die kleinen Läden wieder schätzen. Also dann, bis demnächst im Dorfladen.