Na bitte, das war‘s doch. Vor einiger Zeit fand ich in unserem Haushalt das ultimative Büchlein: „Spanisch in dreißig Tagen“. Klein, kompakt, gefällige, solide Ausstattung, leicht angegraut und vollgespickt mit den notwendigen Kommunikationsgrundregeln. Dachte ich. Didaktisch schlau war das Ding nach Tagen aufgeteilt, also frisch ans Werk und das schlechte Gewissen bekämpft, das mich heute noch überkommt, wenn ich irgendeine Antwort stammele oder verzweifelt den notwendigen Textbaustein suche. Aber irgendwie ist immer das gerade nicht gefragt, was ich am Tag vorher mühevoll auf meiner inneren, auch nicht mehr ganz frischen Festplatte gespeichert habe. Eine Weile hatte ich z. B. einen kompletten Monolog zum Thema „Kopfschmerzen“ parat, aber den konnte ich auch nicht beliebig oft anwenden, zumal, wenn mein Zustand dem überhaupt nicht gerecht wurde... und wer wollte das eigentlich wissen? Frust!
Nun, nach Beginn der Sprachlektüre blieben dann lauter Vokabeln haften, die so gut wie nie Anwendung fanden. »¿Es usted más grueso que el vecino?« (Sind Sie dicker als der Nachbar?). Mein Gott, wen sollte ich das fragen? In einer fortgeschrittenen Phase prägte sich zum Thema Namensgebung dann folgendes ein: »Una señora llamada Dolores Fuertes se casa con un señor Barriga y la recién casada tuvo que ser Dolores Fuertes de Barriga.« (Eine Dame namens Dolores Fuertes = starke Schmerzen – verheiratet sich mit einem Herrn Barriga = Bauch, und die Neuvermählte musste sich nennen Starke Bauchschmerzen). Ich bitte Sie. Wem sollte ich denn das erzählen? Das nährt doch alle Vorurteile über verrückte deutsche Frauen.
Also versuchte ich‘s mit dem Kapitel Landeskunde, das war doch sicher immer zu gebrauchen. »¿Qué es lo que más le gusta al español en Alemania?« (Was gefällt den Spaniern am meisten in Deutschland?). Das war doch endlich mal eine intelligente Frage. Aber die Antwort ernüchterte mich doch stark. Da stand: »Primero, la limpieza en todas partes, a pesar de las ruinas.« (Erstens die Reinlichkeit überall, trotz der Ruinen.) Wie bitte? Was? Welche Ruinen? Fassungslos schlug ich erst mal das Erscheinungsdatum meines Fundstückes nach: Ach so. 1955. Angeblich soll es eine Neuauflage geben, aber ich bin mir nicht mehr sicher, ob ich die will. Am besten, ich lausche weiter den Gesprächen der anderen am Tresen in irgendeiner Bar, auch wenn mich die Inhalte nun wirklich nichts angehen.
Aber so manche aufgeschnappte Phrase hat mir schon hier und da weitergeholfen, wie z. B. »,La vida es una pelicula«. (Das Leben ist ein Film). Das passt irgendwie meistens. Oder ich bestätige einfach inbrünstig, wenn mir jemand etwas erzählt, je nach Inhalt mit »Si, es la verdad« oder »No, yo tampoco.« Je nach Gesprächsverlauf. Kann allerdings auch schief gehen. Irgendjemand empfahl mir, die soap operas vormittags im spanischen Fernsehen anzugucken, aber ehrlich, das geht einfach nicht. Ich bin völlig verwirrt über den spanischen Humor. Und kurz bevor ich dann endgültig aufgegeben habe, bestellte ich tapfer die neueste Auflage von „Spanisch in dreißig Tagen“. Übrigens: Das Exemplar hat sich dann einer unserer Pflegehunde geschnappt. Den Rest können Sie sich denken.