08. Dezember 2025

Correo del Valle - Humor & Satire La Palma - Dr. Ingrid Jütting - Die stillen Örtchen

Humor & Satire So ist das eben hier

Die stillen Örtchen

Bedürfnisanstalten sind ein delikates Thema, zugegebenermaßen, aber irgendwann muss man ja auch einmal darüber sprechen. Wenn Sie gerade beim Essen sind, heben Sie sich die Lektüre für‘s Bett auf.

Also ich bewundere Tiere. Die brauchen keine keramische Abteilung für dringende Bedürfnisse. Ich hingegen muss mich immerzu nach Toilettenräumen umschauen, wenn ich unterwegs bin. Dabei ist mir allerdings so manches Sehenswerte unter die Füße gekommen. Natürlich hat sich auch in diesem Bereich einiges getan auf der schönen Insel, aber fahren Sie mal in die Pampa.

Männerklos sind zwar meistens allgemein zugänglich, aber Frauen scheinen mancherorts nicht vorzukommen. Da stehen Sie oft vor verschlossenen Türen, wenn Sie die, die Sie suchen, überhaupt finden. Da darf es Ihnen nicht peinlich sein, am Tresen nach dem Schlüssel zu fragen. Textbaustein: »Por favor,¿me puede dar la llave del baño?«. Immer hübsch locker bleiben, vielerorts gibt es keine Schlüssel. Manche Wege sind unergründlich lang, führen über Hinterhöfe an offenen Küchen vorbei in dunkle Winkel ohne Beschriftung, und wenn Sie dann einen Blick in diverse Abstellkammern riskiert haben und der Druck immer unerträglicher wird – siehe da, ein Klo.

Manche Etablissements scheinen noch an Spätfolgen der letzten Überschwemmung zu leiden, andere rauschen still vor sich hin, nur die Toilettenspülung rauscht leider gar nicht, und wieder andere sind aufgrund örtlicher Dürreperioden vollkommen wasserfrei, dafür aber entsprechend geruchsintensiv. Wieder anderswo scheinen Chlorreiniger hoch im Kurs, jede olfaktorische Analyse endet mit roten Äuglein, sodass mitleidsvolle Blicke auf Sie treffen, wenn Sie nach erledigtem Geschäft mit letzter Kraft wieder den Kneipentresen erreicht haben. Natürlich denkt jetzt jeder Einheimische, Sie hätten beziehungstechnische Tränen im stillen Örtchen vergossen, und einfühlsam stellt man Ihnen erst einmal einen „43“ vor die Nase („43“ wird einfacherweise der örtliche Mandellikör genannt, Männer trinken eher „101“, ein schnapsähnliches Urgebräu). Aber zurück zum Thema.

In einigen Regionen gehört das Toilettenpapier in den Eimer daneben, so ist das eben hier, und möglicherweise wird das Behältnis auch einmal im Quartal geleert. Seife und Handtuch sind dagegen der reine Luxus, stromfressende röhrende Trockenautomaten allerdings weitläufig verteilt. Der große Vorteil der richtig unangenehmen Örtchen ist natürlich, dass Sie dieselben möglichst schnell wieder verlassen. In manche müssen Sie sich allerdings auch erst einmal mühevoll hineinwinden, weil die Raumplanung dermaßen zu wünschen übrig ließ, dass die Tür bereits an der Toilettenschüssel hängen bleibt. Locker bleiben, Sie können sich freuen, wenn Sie zu den Leichtgewichten gehören. Ein forscher Sprung über‘s Örtchen, halbe Drehung und... plumps. Anschließend nichts wie raus, bevor Ihnen übel wird. Hierzu können manchmal auch atemberaubende Fliesenmuster beitragen.

Und irgendwann werden auch Sie einmal auf ein stilles Örtchen treffen, das sauber, hübsch dezent gefliest, platzmäßig ausreichend und mit einer Toilettenbürste bestückt ist, die noch in diesem Jahrhundert hergestellt wurde... Bingo. Manche Toiletten mutieren übrigens auch zu Mehrzweckräumen, so hat man aus den ehemaligen öffentlichen Bedürfnisanstalten in Los Llanos ein Touristenbüro gemacht. Warum das? Die Antwort überlasse ich gerne Ihnen.

Dr. Ingrid Jütting

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